„Präsenz“ – das war das Thema des diesjährigen Jugendsymposions in Kassel. Die viertägige Konferenz bietet Oberstufenschüler_innen sowie Studienanfänger_innen eine Plattform zur Diskussion von aktuellen Zeitfragen aus Wissenschaft und Politik. Vorträge, Seminare und praktische Workshops bilden den Rahmen für diese Zukunftswerkstatt, zu der jährlich ca. 80 engagierte Schüler_innen aus ganz Deutschland anreisen.
Einen philosophischen Blick auf „Präsenz“ eröffnete ein dreitägiger Workshop zum Thema „Die Gegenwart als Ort der verantwortlichen Entscheidung“. Paula Kühne, Absolventin des Masterstudiengangs Philosophie an der Cusanus Hochschule, lud die 11 Workshop-Teilnehmer_innen zu einer Reise in die Zeitphilosophie des Existenzphilosophen Heinrich Barth (1890-1965) ein: Was braucht die Gegenwart, der präsente Moment, damit Zukunft verantwortlich gestaltet werden kann? Wie kann Zeit nicht nur verstanden werden als eine Vergangenheit, die „hinter uns“ liegt und eine Zukunft, die „vor uns liegt“?
Während der erste Tag die Gegenwart als den Ort beleuchtete, an dem der Mensch sich immer entscheidet, wurden am zweiten Tag Vergangenheit und Zukunft in den Blick genommen. Dabei wurde deutlich, dass beide nicht als gegeben verstanden werden dürfen: Das Vergangene prägt unsere jetzige Situation, doch determiniert sie uns – mit Barth gedacht – nicht. Und die Zukunft liegt nicht verborgen vor uns, so dass sie nur abgewartet werden muss.
So konnte am dritten Workshop-Tag das Bild einer Zukunft gezeichnet werden, die in der Gegenwart entworfen wird. Anhand von gemeinsamen Textarbeiten und Gesprächen zeigte sich, dass „Präsenz“ eine Bewusstseinsfrage ist: Indem in der Gegenwart der Beginn einer möglichst konkreten Handlung entworfen wird, gestalten wir daran mit, was in der Zukunft möglich sein wird, ohne hinter uns zu lassen, wie die gegenwärtige Situation entstanden ist.
Dass das Handeln im Dialog mit der persönlichen, geschichtlichen und politischen Situation eine Frage an die Zukunft ist, die nicht theoretisch, sondern nur im Losgehen beantwortet werden kann, wurde an diesen drei Tagen zu einer sehr praktischen Erfahrung. So formulierte eine Schülerin am Schluss des Workshops: „Heinrich Barth kommt nicht zu einem abgeschlossenen Urteil, was wir erkennen oder tun sollen – er lässt es offen und stellt uns so eine Frage, die aber ganz konkret wird.“